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Inhalt
Faktor-Optionsscheine einfach erklärt
Faktor-Optionsscheine und Mini-Futures im Vergleich
Die folgenden Texte dienen nur zu Informationszwecken und stellen in keiner Weise eine Empfehlung oder Anlageberatung dar.
Einführung – Faktor-Optionsscheine (zuvor Faktor-Zertifikate) in Theorie und Praxis
Neben Knock-out-Produkten und klassischen Optionsscheinen bilden Faktor-Optionsscheine (zuvor unter dem Namen Faktor-Zertifikate bekannt) die dritte bedeutende Gruppe von Hebelprodukten. Sie sind übrigens eine Erfindung von Goldman Sachs und wurden im Jahr 2004 zunächst unter dem Namen Rolling Turbos eingeführt.
Mit allen drei Produkttypen können Anleger überproportional – also mit Hebel – an der Kursentwicklung einer Aktie, eines Index oder eines anderen Basiswerts teilnehmen. Alle bieten hohe Gewinnchancen, denen jedoch auch hohe Verlustrisiken gegenüberstehen. Schlimmstenfalls kann es zum Totalverlust des eingesetzten Geldes kommen.
Zu beachten ist, dass Faktor-Optionsscheine nur für sehr erfahrene Anleger mit einem sehr kurzen Anlagehorizont geeignet sind. Darauf hat auch die BaFin in einem Artikel hingewiesen (BaFin Journal, Januar 2020, Seite 14 ff.).
Im Folgenden erfahren Sie, wie Faktor-Optionsscheine (zuvor Faktor-Zertifikate) funktionieren. Dabei gehen wir exemplarisch auf einen Faktor-Optionsschein Long ein, mit dem Anleger auf steigende Kurse setzen können, und auf einen Faktor-Optionsschein Short, der sich tendenziell bei Erwartung fallender Notierungen eignet. Auch stellen wir Faktor-Optionsscheine einer anderen, ähnlichen Gruppe von Hebelprodukten gegenüber: den Mini-Futures.
Was sind Faktor-Optionsscheine (zuvor Faktor-Zertifikate)?
Das Besondere an Faktor-Optionsscheinen ist der börsentäglich konstante Hebel, der Faktor. Er unterscheidet diesen Produkttyp von anderen Hebelprodukten. Diese Derivate unterliegen im Gegensatz zu klassischen Optionsscheinen grundsätzlich keinen Volatilitätseinflüssen und bilden die Kursentwicklung des jeweiligen Basiswerts beinahe linear ab. Die möglichen Basiswerte sind prinzipiell die gleichen wie bei anderen Produkttypen: heimische Aktien wie Daimler, Siemens oder BASF, ausländische Aktien, beispielsweise aus dem Technologiesektor wie Apple, Tesla, Facebook oder Netflix, sowie Rohstoffe, Anleihen oder auch ein Index.
Während Faktor-Optionsscheine je nach Emittent unterschiedlich ausgestaltet sein können, funktionieren sie in der Regel ähnlich. Die nachfolgende Beschreibung bezieht sich auf Produkte von Goldman Sachs. Ähnlich wie Mini-Futures und Turbos haben Faktor-Optionsscheine eine Barriere, die sogenannte Stop-Loss-Barriere. Sie liegt bei Long-Produkten um einen bestimmten Prozentsatz über dem aktuellen Basispreis, bei Short-Produkten darunter. Der Basispreis gilt als Grundlage zur Berechnung des aktuellen Preises des Produkts. Die positive Differenz zum aktuellen Kurs des Basiswerts ergibt unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses und des Aufgelds den aktuellen Preis des Hebelprodukts. Im Gegensatz zu Optionsscheinen hat die Volatilität des Basiswerts (z.B. Aktie, Index oder Währung) in der Regel keinen Einfluss auf die Preisbildung.
Der anfängliche Abstand zwischen Stop-Loss-Barriere und Basiswertkurs wird auch als Stop-Loss-Puffer bezeichnet. Allerdings weisen Knock-out-Produkte (Mini-Futures und Turbos) beim Verletzen der „Barriere“ Unterschiede zu Faktor-Optionsscheinen auf.
Börsentäglich konstanter Hebel: der Faktor
Bei Faktor-Optionsscheinen kommt es nicht wie bei den Knock-out-Produkten zum sofortigen Ende der Laufzeit, sondern nur zu einer Ruhepause mit dem nachfolgenden „Anpassungsprozess“, eine Besonderheit dieser Produktkategorie. Sollte es also zu einer Verletzung der Stop-Loss-Barriere kommen, wird der Faktor-Optionsschein zunächst kurzfristig vom Handel ausgesetzt, und die Emittentin legt den Stop-Loss-Referenzpreis fest.
Auf Basis des Stop-Loss-Referenzpreises wird die Emittentin die Ausstattungsmerkmale Basispreis, Stop-Loss-Barriere und Bezugsverhältnis untertägig so anpassen, dass der Hebel wieder auf sein Ausgangsniveau zurückgesetzt wird. Im Anschluss ist das Produkt mit dem ursprünglichen Faktor wieder handelbar.
Unabhängig davon, ob die Stop-Loss-Barriere während eines Tages verletzt worden ist oder nicht, findet in jedem Fall börsentäglich eine Anpassung des Basispreises, der Stop-Loss-Barriere und des Bezugsverhältnisses statt, wodurch der Faktor des Optionsscheins wieder auf sein Ausgangsniveau zurückgesetzt wird. Beim DAX® findet diese Anpassung beispielsweise an jedem Börsenhandelstag gegen 17:30 Uhr statt.
Täglich angepasster Hebel: Vorteile und Risiken
Der feste Hebel bietet eine Reihe von Vorteilen. So können Anleger bei Börsenbeginn mit einem gewünschten Faktor an der Wertentwicklung eines Basiswerts teilhaben und haben zusätzlich eine gewisse Absicherung, falls es zu einem Erreichen der Stop-Loss-Barriere kommt. Zusätzlich wird das Verwässern, also ein Absinken des Hebels, vermieden, wenn ein Anleger mit seiner Markterwartung mehrere Tage lang richtig liegt. So sind in Trendmärkten hohe Gewinne möglich.
Auf der anderen Seite vergrößert sich der Hebel nicht, wenn sich der Basiswert in die „falsche“ Richtung bewegt. Faktor-Optionsscheine haben grundsätzlich eine unbegrenzte Laufzeit. Allerdings endet sie unter anderem dann, wenn es zu einem Knock-out kommt. Bei Faktor-Optionsscheinen von Goldman Sachs ist dies außerdem dann der Fall, wenn der innere Wert des Produkts zum Anpassungszeitpunkt während der untertägigen Anpassung bei Verletzung der Stop-Loss-Barriere bzw. während der börsentäglichen Anpassung auf einen Wert von 0,20 Euro oder weniger sinkt.
Für die Ermittlung des inneren Werts eines Faktor-Optionsscheins wird der Kurs des Basiswerts unmittelbar vor dem Anpassungszeitpunkt bzw., falls ein Stop-Loss-Ereignis eingetreten sein sollte, der Stop-Loss-Referenzpreis herangezogen. Zusätzlich sollten Anleger beachten, dass der Emittent berechtigt ist, die Faktor-Optionsscheine kurzfristig zu kündigen, was ein Nachteil sein kann. Bei Faktor-Optionsscheinen besteht das Risiko eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals.
Ein weiterer Nachteil ist, dass aufgrund der börsentäglichen Anpassung bei Faktor-Optionsscheinen die Besonderheit besteht, dass Verluste bis hin zum Totalverlust auch bei einer Seitwärtsbewegung der zugrundeliegenden Aktie, des Index oder eines anderen Basiswerts möglich sind. Der Verlust im Seitwärtsmarkt ist umso größer, je höher der Hebel ist, je schwankungsintensiver die Seitwärtsbewegung vonstatten geht und je länger die Haltedauer des Faktor-Optionsscheins ist – ein Risiko, das es zu beachten gilt. Anleger können über mehrere Tage hinweg selbst dann Verluste erleiden, wenn der Basiswert (Aktie, Index oder Rohstoff) eine positive Wertentwicklung zeigt. Die empfohlene Haltedauer für Faktor-Optionsscheine ist daher ein Tag. Faktor-Optionsscheine eignen sich somit grundsätzlich nicht für längerfristige Anlagestrategien, sondern nur für kurzfristige Anlagen.
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Zuletzt aktualisiert: 8. Mai 2023