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InterviewDekarbonisierung – China steuert flussaufwärts

Bis 2060 will China seine Kohlenstoffemissionen bis auf null reduzieren. Seinen größten Ausstoß wird es in den Jahren 2027/2028 erreichen, so Trina Chen, Co-Head des China Equity Research bei Goldman Sachs. Wichtig seien in der ersten Phase bis etwa 2030 vor allem die vorge­lagerten Grundstoffsektoren. Bereits heute seien führende chinesische Unternehmen dabei, neue Technologien beispielsweise in der Stahl­produktion oder bei der Speicherung von Kohlendioxid zu entwickeln.


Trina Chen

Goldman Sachs Global Equity Research, New York

Trina Chen ist Co-Leiterin von China Equity Research und zuständig für die Berichterstattung über den Sektor Grundstoffe in China. Sie begann im Jahr 2017 bei Goldman Sachs als Managing Director. Zuvor führte sie das regionale ­Metals and Mining Research Team der Credit Suisse. Trina Chen promovierte an der Carnegie Mellon University in angewandter Physik und hält einen MBA-­Abschluss der Wharton School der University of Pennsylvania.


„Führende Produzenten arbeiten bereits an diesen fortschrittlichen Technologien, die heute scheinbar noch kein Geld bringen, oder an Verfahren zur Kohlenstoffspeicherung. Und sie werden letztendlich die Vorreiter sein und größere Chancen haben, wenn die Zeit gekommen ist.“

Trina Chen, Goldman Sachs New York


Frau Chen, Sie und Ihre Kollegen von Goldman Sachs ­Research haben kürzlich einen Bericht mit dem Titel „China Decarbonization: Reshaping of Upstream“ herausgebracht. Chinas Versprechen, bis 2060 kohlenstoffneutral zu werden, war eine große Nachricht. Aber es gab noch nicht viele ­Details darüber, wie China dieses Ziel erreichen will. Was ist der neueste Stand?

Trina Chen: Erstens warten wir noch auf den hochkarätigen nationalen Plan namens Carbon Act. Wir erwarten, dass er irgendwann in diesem Jahr herauskommen wird. Es hat sich gezeigt, dass mehr Ministerien involviert sind, was das anhaltend hohe Profil dieses Ziels wider­spiegelt.

Das zweite Update ist das nationale Emission Trading System (ETS), das für Ende dieses Monats erwartet wird. Es werden wohl über 2.000 Stromerzeuger an diesem ersten Handelszyklus beteiligt sein. Das ist also eine sehr große Veränderung.

Und drittens würde ich aus der Sicht eines Analysten und Beobachters sagen, dass wir definitiv gesehen haben, dass in der Diskussion über „China Net Zero“ die Dekarbonisierung ein wesentlicher Bestandteil der Diskussion zwischen Unternehmen, Investoren, Industrieverbänden und Verbänden geworden ist. Und auch dieses Thema ist ganz klar in den Köpfen der Investoren.

Wie Sie in Ihrer Studie darlegen, kommt der Großteil der Emissionen Chinas aus den vorgelagerten Grundstoff­sektoren. Beschreiben Sie das Ausmaß der Emissionen in einigen dieser Sektoren.

Trina Chen: Wenn wir uns die Kohlenstoffemissionen Chinas ansehen, ist das Land auf seine eigene Art und Weise sehr unterschiedlich. Wenn wir alle Emissionen aus der vorgelagerten Material­­­produktion zusammennehmen, machen sie 40 Prozent der gesamten Emissionen Chinas aus.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass aus China etwa 30 Prozent der globalen Kohlenstoffemissionen kommen. Das bedeutet, dass der vorgelagerte Bereich, über den wir jetzt sprechen, tatsächlich mehr als 10 Prozent der globalen Karbonemissionen ausmacht. Ein Beispiel ist der chinesische Stahlsektor, der jedes Jahr fast 2 Milliarden Tonnen Kohlenstoffemissionen verursacht. Das sind fast 17 bis 20 Prozent der gesamten Emissionen in China. Dies ist also eindeutig das Ergebnis einer sehr hohen Kohlenstoffintensität in Bezug auf den Produktionsprozess, kombiniert mit einem sehr hohen Nachfragevolumen.

Im Ergebnis wird dieser vorgelagerte Sektor sicherlich als First Mover positioniert sein oder eine führende Rolle spielen, wenn es darum geht, in China den 40-Jahres-Plan für eine Netto-Null im Jahr 2060 zu erfüllen.

Sie haben Stahl erwähnt. Was ist mit einigen der anderen vorgelagerten Sektoren?

Trina Chen: Wenn wir eine Rangliste nach der Größe der Emissionen aufstellen, ist Stahl sicherlich die Nummer eins, die 17 Prozent der Gesamtemissionen in China ausmacht. Der zweite Sektor ist der chinesische ­Zementsektor. Dieser Sektor erzeugt jedes Jahr etwa 10 Prozent der nationalen Emissionen. Danach folgt der Aluminiumsektor. Das sind etwa 5 Prozent. Und der Chemiesektor bringt es ebenfalls auf etwa 5 Prozent. Das sind also die Top-Sektoren, die in Bezug auf die Erzeugung von Kohlenstoff am stärksten vertreten sind. Und wir erwarten, dass die Politik für diese Industrien Vorschriften und Regulierungen erlässt, um deren Emissionen zuerst anzugehen.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Reduzierung der Emissionen in diesen Sektoren?

Trina Chen: Ich sehe da zwei große Herausforderungen. Nummer eins ist die Frage, wie man die Gesamtemissionen reduziert, wenn die Nachfrage sehr unterstützend ist oder sogar in einigen bestimmten Phasen wächst. Die schiere Größe der Emissionsreduzierung ist also eine sehr große Herausforderung für die Branche, und zwar wahrscheinlich in naher Zukunft.

Die andere große Herausforderung im Verlauf dieses Prozesses ist die Frage, wie man die durch den industriellen Prozess erzeugten Emissionen und nicht nur den Energieverbrauch in den Griff bekommen kann. Das ist vor allem für diese Sektoren ein Problem, da mehr als die Hälfte, in manchen Fällen zwei Drittel oder im Fall von Stahl sogar 90 Prozent der Emissionen durch den Prozess selbst entstehen.

Dies kann also nicht durch den Einsatz von sauberer Energie gelöst werden. Vielmehr braucht man wahrscheinlich eine neue Technologie. Und viele dieser Technologien befinden sich in einem sehr frühen Stadium. Ich denke also, dass dies mittel- bis langfristig die größte Herausforderung für diese Prozesse sein wird.

Und was ist mit Chinas beabsichtigter Abkehr von der Kohle, von der das Land, wie viele andere Länder auch, seit Jahren stark abhängig ist? Was sind einige der Auswirkungen davon?

Trina Chen: Richtig. Das ist eine gute Frage. Ich glaube, der Kohlesektor macht derzeit etwa 56 Prozent der gesamten Primärenergie Chinas aus. Nun impliziert der Netto-Null-Plan die Beschleunigung des Kohleausstiegs. Wir sehen dann also etwa 35 Prozent Kohleanteil an der Gesamtenergie bis 2030 und potenziell null bis 2050. Das ist also sehr verschieden von dem, wovon wir in unseren Schätzungen vor etwa einem Jahr ausgegangen sind.

Wenn wir das erreichen, bedeutet das eine Verringerung der Kohlendioxidemissionen um 4 Milliarden Tonnen pro Jahr, also fast 40 Prozent in China. Das ist eine sehr große Veränderung. Und die Veränderung ist bereits im Gange, wenn man bedenkt, dass die Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Energien bereits funktioniert.

Wenn man sich Chinas 30/60-Zusage ansieht, die besagt, dass die Emissionen bis 2030 ihren Höhepunkt erreichen und bis 2060 kohlenstoffneutral sein sollen, welches Bild ergibt sich dann für die erste dieser beiden Phasen?

Trina Chen: Angesichts der Zusage und der verfügbaren Ansätze in den nächsten fünf bis zehn Jahren können wir vernünftigerweise davon ausgehen, dass China sein Kohlenstoffmaximum bis 2027/28 erreichen könnte. Das könnte ein wenig früher der Fall sein als das offizielle Ziel von 2030. Die Kohlenstoffemissionsintensität im Verhältnis zum BIP könnte tatsächlich um mehr als 30 Prozent gegenüber dem heutigen Stand sinken. Aber natürlich wächst auch das BIP im Laufe der Zeit. Daher wird die gesamte Kohlenstoffemission ihren Höchststand um 2027/28 erreichen.

Und für die vorgelagerten Sektoren, über die wir hier sprechen, erwarten wir 20 bis 30 Prozent der gesamten Emissionsreduzierung, wenn man die offensivere Arbeit betrachtet, die geleistet wird. Und es kann sehr wahrscheinlich erreicht werden durch den verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien, eine weitgehende Umstellung vom Hochofenproduktionsprozess auf den Electric Arc Furnace Process (EAF-Prozess; Lichtbogenschmelze) im Stahlsektor, die Nutzung von Wasserkraft in der Aluminiumschmelze oder vielleicht eine Art von Ofenmodernisierung von kleineren auf größere Öfen, um Energieeffizienz und Elektrifizierung zu verbessern.

Es gibt also eine ganze Reihe von verfügbaren Instrumenten, um ­ den Sektor und das Land durch die Ziele in Bezug auf die Spitzenemissionen zu bringen.

Und was ist mit der zweiten Phase, dem Netto-Null-Ziel für 2060?

Trina Chen: Nach 2030 würde ich sagen, dass es in der nächsten Phase eher um neue Technologien gehen wird. Das ist etwas ganz anderes als das, was derzeit verfügbar ist. Ich empfehle daher jedem, sich unseren zweiten Bericht aus der ersten der 40-Jahres-Reihe des China-Forschungsteams anzusehen, in dem wir über die Technologie im Sinne eines Schlüssel-Ökosystems sprechen, das das Netto-Null-Ziel für 2060 vorantreiben wird. Und es geht mehr um Wasserstoff, Energiebatterien, Kohlenstoffabscheidung, Upgrades des Stromnetzes und so weiter.

Für den vorgelagerten Sektor, genau wie für den nationalenTrend könnten die wichtigsten Game Changer Technologien wie Carbon Capture Use and Storage (CCUS) sein, also die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, sowie kohlenstoffarme Produktionstechnologien. Und das sind Technologien, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirtschaftlich verfügbar sind. Aber an diesem Punkt muss sicherlich noch etwas gearbeitet werden.

Inwieweit kann China von anderen Teilen der Welt lernen? Zum Beispiel von Europa, wo der frühe Fokus auf die Reduktion von Kohlenstoffemissionen zu echten Erfolgen geführt hat?

Trina Chen: Das ist richtig. Es könnte sein, dass Europa die erste Phase bereits hinter sich hat und nun in die zweite Phase übergeht, in der eine stärkere Technologieorientierung eine größere Rolle spielt. Und nachdem wir mit vielen unserer europäischen Kollegen gesprochen haben, die sich seit geraumer Zeit mit diesem Thema beschäftigen, sind wir der Meinung, dass es zwei Dinge gibt, aus denen China unbedingt lernen und auf die es sich vorbereiten sollte.

Erstens ist die Ökonomie der Schlüssel zum Erfolg. Viele Prozesse und Technologien mögen heute nicht richtig aussehen. Sie sehen vielleicht unwirtschaftlich aus, die Investitionen scheinen nicht nötig zu sein, besonders am Anfang. Aber sicherlich können sie sich mit Hilfe von politischer Unterstützung, wie Steuern oder Subventionen, verbessern. Und wir müssen auch berücksichtigen, dass die Fertigkeiten der Industrie und die Technologie voranschreiten. Das kann die ­Wirtschaftlichkeit, die Kosten, die Position und auch die relativen ­Investitionen mit der Zeit verbessern. Und schließlich werden diese neuen Technologien und der Prozess im Geld sein und alles andere wird folgen.

Der Schlüssel liegt also wirklich in der Anfangsphase, um sicherzustellen, dass sich die Wirtschaftlichkeit in die richtige Richtung ­bewegt. Ich denke, das ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt.

In welchen Schritten wird dieser Prozess ablaufen?

Trina Chen: Das betrifft die zweite wichtige Schlussfolgerung in ­dieser Sache: Die Entwicklung dieser Technologien braucht Zeit. Wenn wir also über die Zeit nach 2030 nachdenken, kann es nicht sein, dass wir im Jahr 2030 damit anfangen und es im nächsten Jahr so weit ist. Die Erfahrung in Europa zum Beispiel zeigt, dass es wahrscheinlich ein Jahrzehnt dauert, bis man sich darauf vorbereitet hat, für ein Unternehmen, das diesen Übergang erfolgreich schafft.

Eine gute Sache ist also, dass wir sehen können, dass führende ­Produzenten in China, zum Beispiel das größte Stahlunternehmen, Baowu Steel, oder das größte Zementunternehmen, Anhui Conch, ­bereits an einem kohlenstoffarmen Stahlherstellungsprozess ­arbeiten. Oder nehmen Sie zum Beispiel CCUS oder andere fortschrittliche Technologien, die heute scheinbar noch kein Geld bringen, aber ich denke, dass sie letztendlich die Vorreiter sein werden oder zumindest größere Chancen haben, erfolgreich zu sein, wenn die Zeit gekommen ist.

Frau Chen, vielen Dank für das Gespräch.

Quelle: Das Videointerview mit Trina Chen erschien am 3. Juni 2021 im „Daily Check-In“ auf www.goldmansachs.com und am 4. Juni in dem Goldman Sachs Newsletter „Briefings“. Die Fragen stellte Liz Bowyer, Global Head of Content bei Goldman Sachs.


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Fotonachweise: Adobe Stock – Bild 1: Olivier Le Moal, Bild 2: Daniel Dörfler

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